Die Familie in Zeiten des 1. Weltkrieges. Auf dem Familienfoto fehlen Wilhelm, Otto, Hugo, Alfred und Emil. Rudolf ist der Junge mit dem Matrosenanzug, daneben Elfriede und dahinter Arthur. Außerdem die Kinder Maria, Martha und Katharina.
Wilhelm Pongs starb 1917 nach dreitägiger Krankheit im Alter von 61 Jahren. Vier Söhne standen 1917 im Felde (Wilhelm, Otto, Hugo und Alfred – östlicher und westlicher Kriegschauplatz).
1917 eine Aufnahme mit der Witwe und Kindern, u.a. Hugo.
„Wir müssen uns wieder an den Gedanken gewöhnen, dass die Gefahr eines Krieges in Europa drohen könnte. Und das heißt: Wir müssen kriegstüchtig werden. Wir müssen wehrhaft sein. Und die Bundeswehr und die Gesellschaft dafür aufstellen“, sagte der SPD-Politiker und Verteidigungsminister Boris Pistorius am Sonntag, den 29. Oktober 2023, in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“.
Schon während des 1. Weltkrieges hatte der Cousin von meinem Urgroßvater, der Viersener Fabrikant Otto Wilhelm Kornelius Pongs eine Kriegsanleihe in Höhe von 15.000,- Mark zum „Gedächtnis der gefallenen Söhne“ der Stadt Viersen gestiftet. Die Geldsumme für ein Denkmal war jedoch nach Kriegsende durch die Inflation vollkommen wertlos geworden. 1925 stellte Otto Pongs für den gleichen Zweck erneut 10.000,- Mark zur Verfügung. Die feierliche Enthüllung des Denkmals fand am 8. August 1926 statt. Auf der Vorderseite des Sockels stehen lediglich zwei Worte: F Ü R S V A T E R L A N D
Auf der Rückseite befinden sich die Jahreszahlen 1914 – 1918
Das Denkmal befindet sich im Alten Stadtgarten von Viersen.
In der Nähe von Lens befindet sich der Ring der Erinnerung. Eine der größten Gedenkstätten der Welt mit 579.606 Namen von gefallenen Soldaten des 1. Weltkrieges in Nord-Pas-de Calais (französisches Flandern und Artois). Unter den fast 580.000 verzeichneten Namen der Gedenkstätte befinden sich Theophil Kaminski aus Zdroje und Felix Scheffler aus Polnisch Brzozie.
Theophil Kaminski aus Zdroje ruht auf der Kriegsgräberstätte in Carvin, Endgrablage Block 5 Grab 491. Theophil Kaminski fiel als Ersatz-Reservist am 28. Juli 1917.
Felix Scheffler ruht auf der Kriegsgräberstätte in Laventie, Endgrablage Block 3 Grab 95. Felix Scheffler fiel am 11. April 1918.
Heinrich Calmund aus Heimersheim (Ahr) ruht auf der Kriegsgräberstätte in Vermandovillers, Endgrablage Block 4 Grab 1304. Heinrich Calmund fiel am 24. April 1918 in Hangard. Auf dem Friedhof von Heimersheim befindet sich ein Gedenkstein mit den Namen der gefallenen Soldaten aus dem Ort.
Denkmal für die gefallenen Soldaten des 1. Weltkrieges auf dem Friedhof in Heimershein (Ahr)
Aus dem Fotoalbum von Willy Pongs
Joseph Jendrian aus Gelsenkirchen ist vermutlich als unbekannter Soldat auf die Kriegsgräberstätte Souain überführt worden. Unter den gefallenen Soldaten im Kameradengrab befindet sich auch der Maler August Macke. Joseph Jendrian ist am 3.10.1915 bei Perthes in der Champagne gefallen. Zwischen dem 25. September und dem 6. November 1915 fand die Herbstschlacht in der Champagne statt. Die angreifenden Franzosen verloren in dieser Schlacht fast 145.000 Mann, die Deutschen etwa 72.000 Mann, davon kamen 17.500 Soldaten in Gefangenschaft. Die gescheiterte Offensive und die umsonst gebrachten schweren Verluste führten bei den Franzosen zu einer innenpolitischen Krise, u.a. wurden der Ministerpräsident und Kriegsminister ersetzt.
Boleslaus Lenski aus Gelsenkirchen, Wehrmann im Infanterie-Leibregiment 117, fiel am 13. November 1915 vormittags um 9.30 Uhr infolge eines Kopfschusses östlich der Serre. Ein Grab von Boleslaus Lenski gibt es nicht.
Eintrag in der Verlustliste 1916
Peter Piotrowski aus Zaborowo, 5. Kompanie des Westpreußischen Infanterie-Regiment Nr. 176, starb 1916. Ein Grab von Peter Piotrowski gibt es nicht, in der Verlustliste vom 12.10.1916 sowie in der Thorner Presse vom 18.10.1916 wird der Tod gemeldet. Die Schlacht an der Somme war eine der größten Schlachten an der Westfront des Ersten Weltkrieges. Sie begann am 1. Juli 1916 im Rahmen einer britisch-französischen Großoffensive gegen die deutschen Stellungen. Sie wurde am 18. November desselben Jahres abgebrochen, ohne eine militärische Entscheidung herbeigeführt zu haben. Mit über einer Million getöteten, verwundeten und vermissten Soldaten war sie die verlustreichste Schlacht der Westfront während des Ersten Weltkriegs.
Thorner Presse vom 18. Oktober 1916
Aus dem Fotoalbum von Willy Pongs
Paul Pongs aus Rheine war Angehöriger der 7. Kompagnie des Infanterie-Regiment „Herwarth von Bittenfeld“ (1. Westfälisches) Nr. 13. Das Regiment wurde ausschließlich an der Westfront in Belgien und Frankreich eingesetzt, unter anderem bei Lüttich, Namur, St. Quentin, Reims, Lille, Verdun und Sedan. Der Einsatz in der Schlacht um Verdun 1917 war besonders verlustreich. Vermutlich fiel Paul Pongs 1917 bei den Kämpfen am Höhenzug Chemin des Dames (Damenweg). Der Höhenzug Chemin des Dames gehörte zu den stark umkämpften Regionen der Westfront (Zone rouge); auf wenigen Quadratkilometern fand eine der blutigsten Materialschlachten des gesamten Krieges statt. Ein Grab von Paul Pongs gibt es nicht. In Rheine wurde zwischen 1925 – 1927 auf dem Thieberg ein Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges errichtet. Die Inschrift des Denkmals lautet „Unseren 780 gefallenen Kameraden – der Kriegerbund Rheine“ und erinnert an die Kämpfe in der Südsee, Gorlice, Karpathen, Tannenberg, Somme, Verdun, Kiautschou, Champagne, Marne, Balkan, Isonzo, Skagerrak, Flandern und Arras. Verzeichnet ist auch Paul Pongs.
Anzeige am 25. Januar 1925 im Rheiner Volksblatt mit der Liste der gefallenen Soldaten
Zum Gedenktag der Toten des Weltkrieges erschien am 25. Januar 1925 in der Münsterländischen Volkszeitung – Rheiner Volksblatt ein Verzeichnis der aus St. Dionysius-Pfarrgemeinde gefallen Soldaten. „Die beinahe vollendete Kriegerkapelle wartet daran an ihren Wänden in goldenen Lettern die Namen zu verewigen. Mit der Eingravierung der Namen wird in Bälde begonnen werden. Sollten noch Namen von Gefallenen oder Vermißten fehlen, bitte ich, mir dies bis nächsten Sonntag mündlich und zugleich auch am besten schriftlich gütigst mitzuteilen. Zu Ostern soll dann hoffentlich die Kapelle dauernd in Gebrauch genommen werden können und das Andenken der treuen toten Krieger für Jahrhunderte in Ehren erhalten. Fabry, Pfarrer“
Otto Pongs aus Winterwijk (Niederlande) wird seit dem 21. Oktober 1917 vermißt. Er meldete sich freiwillig zum Krieg und war Angehöriger der 12. Kompanie des Infanterie-Regiment „Hamburg“ (2. Hanseatisches) Nr. 76. Einer Karteikarte des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (IKRK) ist zu entnehmen, das Otto Pongs laut Nachricht des Kommandanten in einem französischen oder englischen Kriegslazarett aufgenommen wurde. Übrig blieb nur ein Karteiblatt des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (IKRK).
Karteikarte der Internationalen Komitee des Roten Kreuzes (IKRK)
Wehrmann Anton Kaminski aus Zdroje ist seit den ersten Kriegswochen in Masuren vermißt. Die Angabe Bolleschin (Boleszyn) bei Lautenburg (Lidzbark) in der Verlustliste bezieht sich auf den Geburtsort. Anton Kaminski ist der Bruder des 1917 bei Carvin gefallenen Theophil.Eintrag in der Verlustliste von 1914
Aus dem Fotoalbum von Willy Pongs
Tief im Osten, liegt das Dorf Kremesch (Кремеш, Кремеш, Kremasz) – Wolhynien, dort starb in einem österreichischen Feldlazarett am 19. Oktober 1916 Robert Esser, Leutnant der Reserve, aus Bocholt. Ein Grab gibt es von Robert Esser nicht. Verzeichnet ist er in der Verlustliste des Infanterie-Regiment Markgraf Karl (7. Brandenburgisches) Nr. 60.
Auszug aus der Verlustliste des Kriegstagebuches des Infanterie-Regiment Markgraf Karl (7. Brandenburgisches) Nr. 60
Auszug aus dem Gefechtskalender des Kriegstagebuches des Infanterie-Regiment Markgraf Karl (7. Brandenburgisches) Nr. 60
Am 25. Oktober 1916 erschien Anton Jendrian auf dem Standesamt in Wompiersk und zeigte den Tod des Kätners Joseph Rosinski, Wehrmann im 1. Kompanie Landsturm-Ersatz–Bataillon XVII.20 (XVII. Armee-Korps in Danzig) an. Laut Sterbeurkunde war Johann Rosinski 43 Jahre alt und verheiratet mit Anna Karbowska. Er starb, nach Angabe auf der Sterbeurkunde, in der Wohnung des Anzeigenden am 24. Oktober 1916 vormittags um 11.30 Uhr.
Den Tod von Anna Rosinska, geborene Karbowska, 38 Jahre alt, zeigte Anton Jendrian ebenfalls an. Anna Rosinska starb nach Angabe auf der Sterbeurkunde in der Wohnung des Anzeigenden am 24. Oktober 1916 vormittags um 11.30 Uhr.
Am 24. Oktober 1916 um 11.30 Uhr verstarb in der Wohnung des Anton Jendrian auch Waclaw Rosinski, zwölf Jahre alt und Sohn von Joseph und Anna Rosinski.
Anton Jendrian zeigte ebenfalls den Tod von Joseph Simetkowski, 19 Jahre alt und ledig, an. Die Eltern von Joseph waren der verstorbene Kätner Johann sowie Angelika (geb. Rosinska) Simetkowski. Auch Joseph Simetkowski verstarb am 24. Oktober 1916 um 11.30 Uhr in der Wohnung des Anton Jendrian.
Angaben zu den Todesursachen werden auf den vier Sterbeurkunden nicht gemacht.
Was geschah am 24. Oktober 1916 in der Wohnung des Kätners Anton Jendrian?
Anton Jendrian war der ältere Bruder meines Urgroßvaters. Ein Kätner war ein abhängiger Kleinbauer oder Tagelöhner, der in einer Kate wohnt. Wompiersk (Wapiersk) ist ein kleines Dorf in Kreis Strasburg (Brodnica) in der ehemaligen Provinz Westpreußen. Anton Jendrian war mit Katharina Rosinska verheiratet. Katharina verstarb am 17. September 1916, 37 Tage vor dem Unglückstag. Katharina war die Schwester des am 24. Oktober 1916 verstorbenen Joseph Rosinski und von Angelika Simetkowska, geb. Rosinska, der Mutter des verstorbenen Joseph Simetkowski.
Am 24. April 1917 heiratete Anton Jendrian dann die Witwe Angelika Simetkowska, geb. Rosinska. Anton Jendrian hatte ein enges Verhältnis zur Familie Rosinski aus Wompiersk.
Ein kriegerisches Ereignis in Wompiersk war für den 24. Oktober 1916 auszuschließen, der Frontverlauf war 1916 weit östlicher. Eine Antwort zum Unglück von Wompiersk fand ich zufällig in „Die Presse“, der ostmärkischen Tageszeitung aus Thorn (Torun). Die Presse berichtete am 1. November 1916 über ein tragisches Unglück in Wompiersk.
„Wompiersk, Kreis Strasburg, 28. Oktober. (Fünf Personen ertrunken.) Ein bedauernswertes Unglück hat sich hier ereignet. Besitzer Roszinski aus Wompiersk, der aus dem Felde auf Urlaub gekommen war, hatte seinen Torf wegen des schlechten Weges auf dem kürzeren Wege nach Hause schaffen wollen. Er lud den Torf auf einen Kahn und fuhr mit diesem über einen 100 Meter breiten Teich. Bei der letzten Fuhre setzten sich noch dessen Ehefrau, der Sohn, Knecht und Magd auf den Kahn, welcher in der Mitte des Teiches so schnell sank, daß alle fünf Insassen, da keine Hilfe zur Stelle war, ertranken.“
Nachricht über das Unglück in der Thorner Presse
Am 31. Oktober 1916 schrieb die Berliner sozialdemokratische Parteizeitung „Vorwärts“: „Fünf Personen bei einer Kahnfahrt ertrunken. Aus Posen wird gemeldet: Als der aus dem Felde beurlaubte Besitzer Roszinski aus Wompiersk im Kreise Straßburg (Westpreußen) auf einem mit Torf beladenen Kahn über den 100 Meter breiten Teich nach Hause fahren wollte, sank der Kahn in der Mitte des Teiches und mit ihm fünf Personen: Roszinski, seine Ehefrau, sein Sohn, der Knecht und die Magd. Die Leichen sind noch nicht gefunden worden.“
Nachricht über das Unglück im Vorwärts
Die Meldung über das Unglück finden sich u.a. in den Lokalblättern „Der Gemeinnützige“ aus Iserlohn, der Lüner Zeitung, Das Volk aus Siegen, der Remscheider Zeitung, der Geldernsche Zeitung, der Dorstener Volkszeitung und Wochenblatt, dem Erft-Boten aus Bedburg. Am 3. November 1916 erschien die Nachricht in der Sächsische Dorfzeitung und Elbgaupresse, mit Loschwitzer Anzeiger, Tageszeitung für das östliche Dresden und seine Vororte sowie einen Tag später im General-Anzeiger für Halle und die Provinz Sachsen.
„Fünf Menschen ertrunken. Ein schweres Unglück hat sich in Strasburg (Westpreußen) ereignet. Der in Wompiersk wohnende Besitzer Roszinski wollte seinen Torf des schlechten Landweges wegen auf einem Kahn über einen etwa 200 Meter breiten Teich nach Hause schaffen. Bei der letzten Fuhre setzten sich noch seine Frau, sein Sohn, ein Knecht und eine Magd auf den Kahn. In der Mitte des Teiches schlug das Fahrzeug plötzlich um und alle fünf Personen ertranken.“
Nachricht über das Unglück im General-Anzeiger für Halle und die Provinz Sachsen
Wie könnte ein mit Torf beladener Kahn ausgesehen haben?
Torfkahn in den Niederlanden, Quelle Wikipedia, Baykedevries
(https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Turf_praam.jpg), „Turf praam“, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/legalcode
Der Jellen-See bei Wompiersk/Wapiersk
Der Unglückort von 1916 könnte sich möglicherweise am Jellen-See bei Wompiersk/Wapiersk befinden. Zumindest ist die Frage geklärt, was am 24. Oktober vormittags um 11.30 Uhr in Wompiersk, Kreis Strasburg, Westpreußen, geschah. Über die ertrunkene und unbekannte Magd des Besitzers Rosinski finden sich keine Hinweise.
Aus der Thorner Presse vom 2. September 1914: “Wie die Russen um Gorzno Krieg führten, darüber berichtet die „Strasburger Zeitung“: Es stürmten plötzlich etwa 40 russische Reiter im vollsten Galopp in das Städtchen Gorzno bis auf den Marktplatz. Dort machten sie Halt. Alle Telegraphenstangen wurden umgehauen. Dann plünderten sie das Warenhaus D. Kasper; die Waren schafften sie auf Gorznoer Fuhrwerken über die Grenze. Post und Zollamt sind aufgelöst. Nachdem all dies geschehen war, kam das Gros der Russen, annähernd 4000 Mann russische Kavallerie, angesprengt mit Feldküche und einigen Kanonen, sowie sämtlicher Bagage. Sie schlugen den Weg nach Radosk ein, bogen dann in den Weg nach der Oberförsterei Ruda ein, wo ebenfalls die Telegraphenstangen an der Chaussee abgehauen wurden, und begaben sich nach Guttowo Gut. Dort loderten bald Feuersäulen auf. Unsere Radfahrerkompagnie begegnete dem Feinde, wobei der Leutnant der Radfahrer-Abteilung sein Leben einbüßte. Auf dem Rückwege stürmten etwa 40 Russen zu Pferde nach der Grenze über Gorzno zurück. Das Gros der Russen ist auf Umwegen weitergezogen und soll sich in der Forst um Guttowo und Gorzno aufhalten.“
Oberforstmeister Fritz Schuster (1859-1944) schreibt in seinen Buch „Erinnerungen aus meinem Leben“ über den Kriegsbeginn in Gorzno: „Wie sich herausstellte, war auch meine frühere Oberförsterei Ruda und Umgebung von der Tannenbergschlacht in Mitleidenschaft gezogen. Während der Schlacht soll in dem Oberförstereigehöft in Ruda eine Zeit lang ein höherer russischer Stab gelegen haben. Dem Gute Guttowo – 20 Min. von Ruda entfernt – ist dabei sehr übel mitgespielt worden. Plündernde Soldateska haben sicherem Vernehmen nach das Gut nach allen Regeln der Kunst gebrandschatzt und das große Gutshaus mit den umfangreichen Wirtschaftsgebäuden dem Erdboden gleichgemacht. Mir liegt noch aus der Kriegszeit ein Zeitungsartikel eines Lokalberichterstatters aus dem Górznower Käseblättchen vor, der das fürchterliche Hausen der russischen Horden hinreichend illustriert.“
„Die Toten sind unter den Lebenden, immerzu. Sie wohnen in den Erinnerungen, in den alten Fotos und den Briefen von damals. Sie ziehen durch die Träume. Sind gegenwärtig an den Familientischen, bei Kaffee und Kuchen, wenn von früher erzählt wird. Und sie verschwinden erst ganz, wenn auch die sterben, die sich an sie erinnern.“
Brief vom 9.1.1919 – geschrieben in Tours/Frankreich
9.1.19 Meine liebe Marta! Sende Dir bei guter Gesundheit die herzlichsten Grüße und wünsche Dir …………. Angehörigen ein recht fröhliches neues Jahr. Es geht mir noch gut, was ich auch von Euch allen hoffe, am liebsten möchte ich aber mal wissen, wie es mit Dir ……………. ist. Vor 8 Wochen habe ich die erste Karte mit meiner Adresse an dich abgesandt, ……… aber bis heute noch keine Antwort darauf, hoffentlich bekomme ich aber bald wieder einmal Post von Dir und auch von meiner Mutter möchte ich nochmal ein Lebenszeichen haben. Wie ist es mit meinen Brüdern, sind sie eigentlich noch mit dem Leben davon gekommen oder sind sie noch in letzter Stunde ein Opfer des Krieges geworden, hoffentlich nicht. Nun grüße alle Lieben, besonders meine Mutter und sei selbst noch herzlich gegrüßt u. geküsst, von deinem Willy, auf Wiedersehen und bleib mir treu.
2015 erschienen die Lebenserinnerungen des Herrn Weidenfeld. Direkte Nachbarn der Weidenfelds war die Familie Pongs. Der Onkel von Ulrich Weidenfeld, Albert Pongs, war zudem der Bruder von meinem Großvater Wilhelm.
Ulrich Weidenfeld mit der Ziege meines Vaters. Scheinbar führte Herr Weidenfeld als Kind auch schon intellektuelle Gespräche mit meinem Großvater über posttraumatische Belastungsstörungen.
Seite 24: „Auf seelische Belastungsstörungen durch Kriegserlebnisse wurde der achtjährige Ulrich im Spätherbst des Jahres 1940 durch Wilhelm Pongs, hingewiesen, der im Nebenhause wohnte und als Soldat im Ersten Weltkrieg, von 1914 bis 1918, in den deutsch-französischen Hauptkampfgebieten an der Somme und in Verdun zum kämpferischen Einsatz kam. Er erzählte von gleichaltrigen, bei Beginn des Ersten Weltkrieges im Jahre 1914 etwa 20jährigen jungen Deutschen und Franzosen, die vor ihrer menschlichen Reife wie Vieh auf die militärischen Schlachtfelder kommandiert und wenn sie nicht erschossen wurden, für den langen Rest ihres Lebens vielfach als seelisch gebrochene Menschen zurückkehrten. Spätfolgen in unterschiedlichster Art und Weise, wie Angstzustände, Depressionen, Konzentrationsmängel, Leistungsschwäche, Panikattacken, Schlafstörungen, Wahnvorstellungen, Wutausbrüche seien je nach persönlicher Veranlagung zu beobachten und je mehr Feuergefechte ein Soldat überlebte, umso belastender gestalteten sich die posttraumatischen Belastungen.“
Seite 189:„Der anfahrende Personenzug gewann in Kürze eine beachtliche Geschwindigkeit und während der schneller werdenden Fahrt hielten ihm bedrückende Ängste auf das zu erwartende Leid durch eine grenzenlose sich steigernde Kriegsmaschinerie gefangen, die Wilhelm Pongs, Hugos Vater, ihm vor einigen Wochen in erschreckender Weise vom ersten Weltkriege berichtete.“
Großvater Wilhelm Pongs (1885 – 1965) als Soldat im 1. Weltkrieg.
Theo Weidenfeld, der Vater von Ulrich, war als Soldat 1944 in Paris. Großvater schrieb Ihm am 22.8.1944 einen kurzen Brief, der seinen Empfänger aber nicht erreichte.
Lieber Herr Weidenfeld!
Für Ihren teilnahmsvollen Brief, zum Tode unserer lieben unvergesslichen Else, herzlichen Dank, wir können es immer noch nicht fassen und glauben, das unsere so liebe Else von uns ging. Jetzt ist es sehr einsam um uns geworden. Hoffen wir zu Gott das er uns tröstet in dieser furchtbaren Zeit. Wünsche Ihnen alles Gute und eine ???
Gruß Willi Pongs und Frau
Die Verleihungsurkunde „Ehrenkreuz für Frontkämpfer 1914/1918“ für Wilhelm Pongs
Am 11. November 1918 hat Polen nach 123 Jahren der Teilung zwischen Rußland, Österreich und Preußen seine nationale Unabhängigkeit wiedererlangt.
100 Jahre später, am 11. November 2018, versank die polnische Hauptstadt beim alljährlichen Unabhängigkeitsmarsch im dichten roten Nebel!!!