Jan Staszynski und sein Mörder (1)

Am 15. Juni 2020 stellte ich bei der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach eine Strafanzeige gegen Gottlieb Schmidt, Tatvorwurf Mord. Von der Einleitung eines Ermittlungsverfahren wegen der Tötung des Johann (Jan) Staszynski im ehemaligen Konzentrationslager Stutthof wurde abgesehen, da der angezeigte Gottlieb Schmidt bereits 1959 verstorben war. Von der Anzeige hatte ich mir Informationen über das Leben des Jan Staszynski erhofft. Auch hätte ich gerne etwas mehr über Gottlieb Schmidt erfahren. 

Schmidt, war 1943 in Stutthoff auch am Tod des Cousins von Jan Staszynski, Franz Krajnik beteiligt. Einen Mörder mit dem Allerweltsnamen Schmidt zu suchen ist schwierig.

Jan Staszynski ist 1913 in Horst, heute ein Stadtteil von Gelsenkirchen, geboren und aufgewachsen. Auf der Cranger Straße in Gelsenkirchen-Erle gibt es die Dokumentationsstätte „Gelsenkirchen im Nationalsozialismus“. Es hätte mich sehr überrascht, wenn das Schicksal des NS-Opfer Jan Staszynski dort bekannt wäre!  Die Horster Juden trafen sich in einem angemieteten Betsaal in der Franzstr. 3, der heutigen Industriestr. 100 (Ecke Markenstraße). Familie Staszynski wohnte gegenüber des Betsaales in der Franzstraße 2. 

Auf Spurensuche fand ich in der nordfranzösischen Stadt Douai das Grab von Vater Francois (Franz bzw. Franciszek) Staszynski und der Schwester von Jan, Janina. Das macht die Geschichte des Jan Staszynski noch komplizierter.

Aus der Presse

1704 wurde in Hamburg in einer Wochenzeitung eine polnische Münze für Kaufleute beschrieben, herausgegen von König Sigismund III, anläßlich des Polnisch-Schwedischen Krieges von 1629. Im Text wird auf die Schlacht von Górzno hingewiesen. Auf der Rückseite der Münze sind u.a. der Polnische Adler und der litauische Reiter zu sehen. Außerdem das Wappen mit drei Kronen für Schweden. 

Warschau, 15. August 2018

„Noch ist Polen nicht verloren“

Der polnische Staatspräsident bei seiner Rede am 15. August 2018 (Tag der Armee/Wunder an der Weichsel/100 Jahre nationale Unabhängigkeit) auf der Veranstaltung „Wolność we krwi – Freiheit im Blut” in Warschau.

Am 15. August 2018 wurde in Warschau mit einer großen Militärparade an die entscheidende Schlacht im Polnisch-Sowjetischen Krieg, dem „Wunder an der Weichsel“ von 1920 erinnert. 

„Mehr oder wenig freiwillig eingedeutscht“

Zu den wenigen Büchern über den Kreis Strasburg in Westpreußen gehört das 1981 erschienene Buch „Der Kreis Strasburg – Geschichte eines westpreußischen Gebietes“ von Rudolf Birkhof. Zufinden ist das Buch u.a. in der Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts (DHI) in Warschau, unter der Signatur: 8.2 Prs /Bir / (Magazin).

Birkhof schreibt auf Seite 310 über Górzno u.a.: „1943 erhielt die Stadt mit der allgemeinen Verdeutschung die amtliche Bezeichnung „Görzberg“, einen Namen der sich bei der Bevölkerung kaum durchsetzte. Am Aufbau der Einwohnerschaft änderte sich während der sechs Jahre relativ wenig. Noch vor dem 1. September 1939 waren mehrere polnische Familien geflohen. Die übrigen verbliebenen wurden später – mehr oder wenig freiwillig – eingedeutscht. Daneben blieb der Zuzug von Deutschen aus dem Reich in bescheidenen Grenzen. 1941 wanderten 16 Familien Bessarabiendeutscher ein, die zum größten Teil polnische Bauernhöfe als Treuhänder übernahmen. Bis Oktober 1943 stieg die Einwohnerzahl auf 1991 Personen, d.h. im Vergleich zum Jahre 1933 hatte sie sich um 7,5 % vergrößert (im gesamten Kreisgebiet dagegen um 16 Prozent.“

Man sieht wohl, wes Geistes Kind der Verfasser ist, denn auf Seite 297 schreibt Birkhof im Zusammenhang mit der Stadt Lautenburg (Lidzbark), „Die Befreiung im September 1939 verbesserte die Lage der Volksdeutschen ganz entscheidend.“ Herausgegeben wurde diese Abhandlung vom Heimatkreis Strasburg der Landsmannschaft Westpreußen. In der Charta der deutschen Heimatvertriebenen ist das „Recht auf Heimat“ ein von „Gott geschenktes Grundrecht der Menschheit“.

Auf Seite 310 des Buches ist die Rede von der Tante meiner Großmutter, Apolonia Cremanns, denn die wurde damals „mehr oder wenig freiwillig eingedeutscht“. Der Rest der Familie wurde gleich mit „eingedeutscht“ und „Heim ins Reich“ gebracht bzw. nach Haiger in Hessen deportiert.(deportowany do III Rzeszy)

Zufällig fand ich einen interessanten Artikel in der Berliner Taz vom 8. Mai 1995 über die Nachbarn von Apolonia Cremanns in Zaborowo, die Familie Narodzonek: „April 42 sind sie gekommen, nachts, in schwarzen Uniformen, SS-Männer oder SA, Pani Febronia weiß es nicht mehr, sie war ein Kind damals, kaum zehn Jahre alt.
„Los, raus aus den Betten, aufstehn, anziehn, schnell, schnell!“ hieß es da, die deutschen Befehle kennt sie noch wörtlich. Sind gekommen, die Familie abholen, den Vater Jan, die Mutter Wladislawa und ihre fünf Kinder, Grzegorz, Ludwik, Henryka, Febronia und den kleinen Jan, den Sechsjährigen, der zu weinen anfing. Haben sie packen geheißen, Bettzeug und ein paar Kleider für den Arbeitseinsatz, sonst nichts. Aber Grzegorz, dem Achtzehnjährigen, ist es gelungen, unbemerkt zu fliehen. Ihn haben sie nie wiedergesehen, den Bruder, den die Deutschen dann erschossen haben im November 44. Es hatte geheißen, er habe den Partisanen geholfen.
„Ein SS-Jagdkommando hat ihn zur Strecke gebracht“, fügt da Stefan, der Förster, hinzu, und an Ort und Stelle hätten sie Grzegorz Narodzonek, gerade 20 Jahre alt, im Wald verscharrt. In Zaborowo, Kreis Brodnica, war das, da war auch Febronias Elternhaus, das Bauernhaus mit den 20 Hektar Feld, ein schmuckes Anwesen. Die Deutschen, seit September 39 als Herrenmenschen im Land, hätten mit Vorliebe die Bauern der stattlicheren Höfe geholt, die haben sie für ihre eigenen Leute frei gemacht. Haus und Hof der Familie Narodzonek haben Deutsche aus Bessarabien bekommen.“ http://www.taz.de/!1509803/

Bei einer repräsentativen Befragung von 1.000 Personen im Alter von 16 bis 92 Jahren glaubten im Februar 2018, 54 Prozent der Deutschen das ihre Familien zu den Opfern von Hitlers Politik zählten und nur knapp 18 Prozent gab zu, dass unter ihren Vorfahren, Täter der Naziverbrecher waren. Immerhin gehörten 18 % der Befragten noch zu den Gutmenschen. 

Dies berichtet die „Welt“ am 23.2.2017 unter dem Titel: „Wie sich heutige Deutsche die NS-Zeit schönlügen“.


Quellenangabe: obs/Stiftung EVZ/www.greengrafik.com/

Mich schockiert immer wieder die Unwissenheit über die Art der deutschen Besatzung und der Verbrechen in Polen. Das Ziel war die vollständige Unterordnung und Zerstörung der polnischen Gesellschaft. Es begann mit der gezielten Tötung polnischer Intellektueller am Kriegsanfang (Sonderaktion Krakau und die Lemberger Professorenmorde) und reicht bis zur Niederschlagung des Ghetto-Aufstandes 1943 und des Warschauer Aufstandes 1944.

Beim Rückzug der Deutschen war von Warschau ein elender schneebedeckter Trümmerhaufen übrig. Aus dem Stadtteil Wola mussten nach dem Warschauer Aufstand zehn Tonnen menschlicher Asche auf einen besonderen Friedhof gebracht werden. Schätzungen zufolge ermordeten die Deutschen insgesamt drei Millionen nichtjüdische Einwohner Polens. Das waren knapp 1200 täglich.

Die Polen-Erlasse von 1940

Die sogenannten Polen-Erlasse des „Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei im Reichsministerium des Innern“, Heinrich Himmler, ergingen am 8. März 1940. Ab diesem Zeitpunkt kennzeichnete das NS-Regime erstmals Menschen mit einem diskriminierenden Abzeichen. 1941 wurde der „Judenstern“ eingeführt.

Betroffen von den Polen-Erlassen waren polnische Zwangsarbeiter, sie mussten seitdem das „Polen-Abzeichen“ sichtbar auf der Kleidung tragen, eine violett umrandete gelbe Raute mit einem violetten „P“ in der Mitte.

Die Polen-Erlasse umfassten u.a. die folgenden Vorschriften:
Kennzeichnungspflicht für polnische Zwangsarbeiter
– Geringere Löhne als für deutsche Arbeiter
– Weniger und/oder schlechtere Verpflegung als Deutsche
– Das Verlassen des Aufenthaltsortes war verboten
– Ausgangssperre ab der Dämmerung
– Der Besitz von Geld oder Wertgegenständen, Fahrrädern, Fotoapparaten oder Feuerzeugen war verboten
– Der Besuch von Gaststätten oder Tanzveranstaltungen war verboten
– Die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln war verboten
– Der Kontakt von Polen mit Deutschen war strengstens verboten, selbst der gemeinsame Kirchenbesuch war verboten.

Beim Verstoß gegen die Polen-Erlasse drohten die Einweisung in ein Vernichtungslager oder willkürliche Hinrichtungen.

Im Jahr 1940 waren bereits 300 000 polnische Zwangsarbeiter nach Deutschland verschleppt worden, bis 1945 sollten es insgesamt 2,2 Millionen Menschen werden. Im annektierten „Reichsgau Warthegau“ befanden sich zudem 1,1 Millionen Polen in Gefangenschaft. Hinzu kamen mindestens 700 000 Juden in Ghettos.

Gertrud Ansel, war die Cousine meiner Großmutter aus Polen und „robotnik przymusowy“ heißt Zwangsarbeiter, gefunden auf der Internetseite http://www.straty.pl

Deutsche Todeslager

Der polnische Präsident Andrzej Duda sagte in einer Fernsehansprache am 6.2.2018, das er daß, vor allem im Ausland, stark kritisierte „Holocaust-Gesetz“ unterschreiben werde. Das Gesetz verbietet es unter anderem, die deutschen Nazi-Todeslager im besetzten Polen als „polnische Lager“ zu bezeichnen.

„Wir sind verantwortlich als Deutsche für die Dinge, die während des Holocaust, der Shoah, im Nationalsozialismus passiert sind“, so Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrem Video-Podcast am 11.2.2018

„Es gibt nicht den geringsten Zweifel daran, wer für die Vernichtungslager verantwortlich ist, sie betrieben und dort Millionen europäischer Juden ermordet hat: nämlich Deutsche“, sagte Außenminister Sigmar Gabriel nach Angaben des Auswärtigen Amtes am 3.2.2018 in Berlin. „Von unserem Land wurde dieser organisierte Massenmord begangen und von niemand anderem. Einzelne Kollaborateure ändern daran nichts“.

Gabriel zeigte sich überzeugt davon, „dass nur die sorgfältige Aufarbeitung der eigenen Geschichte Aussöhnung bringen“ könne. Dazu gehöre, dass „Menschen, die das unerträgliche Leid der Shoa erfahren mussten, über dieses Leid uneingeschränkt sprechen können“.

http://www.germandeathcamps.org

http://www.germandeathcamps.info

Der staatliche deutsche Fernsehsender ZDF bezeichnete 2013 das Vernichtungslager Ausschwitz als „polnische Todeslager“.

Karol Tendera, ein ehemaliger Häftling im Vernichtungslager Auschwitz verklagt daraufhin das ZDF. Ein Gericht in Krakau erließ 2016 ein Urteil, das den deutschen Fernsehsender ZDF dazu verpflichtete, sich bei Karol Tendera, dem ehemaligen Häftling im Vernichtungslager Auschwitz, für die Verwendung der Formulierung „polnische Todeslager“ zu entschuldigen. Die Entschuldigung war auf der Internetseite des ZDF 30 Tage lang zu sehen.

Der Fernsehsender veröffentlichte jedoch nur einen Link zum Material mit der Überschrift „Entschuldigung bei Karola Tendera“. Das Material wurde als Grafik veröffentlicht, so dass es mit einer Internet-Suchmaschine nicht gefunden werden konnte. Angesichts solcher Maßnahmen beantragte der Rechtsanwalt von Karol Tendera, beim Landgericht Mainz die Erlassung einer Vollstreckungsklausel für das Urteil des Krakauer Gerichtes. Das Landgericht Mainz hat diesem Antrag stattgegeben. Der Antrag wurde vom ZDF angefochten und die Juristen des Fernsehsenders argumentieren, das Urteil des polnischen Gerichts sei abzulehnen, da es der deutschen öffentlichen Ordnung widerspreche.

Das Oberlandesgericht in Koblenz hat Ende Dezember 2018 entschieden, daß das ZDF sich für die Bezeichnung der Vernichtungslager aus dem Zweiten Weltkrieg als „polnische Lager“ bei dem mittlerweile Karol Tendera entschuldigen muß. Er sei sich bewusst, dass der Kampf auch nach dem Urteil in Koblenz, noch nicht beendet sei, sagte der Rechtsanwalt von Karol Tendera, Lech Obara.

Auch der ehemalige US-Präsident Obama benutzte im Jahr 2015 den Begriff „polnische Todeslager“ und dies ausgerechnet bei der Würdigung Jan Karskis, dem Kurier der polnischen Untergrundbewegung im Zweiten Weltkrieg.

Polen kämpf seit Jahren dagegen das die deutschen Konzentrationslager historisch falsch als „polnische“ Lager bezeichnet werden. Ende Januar 2018 verabschiedete das polnische Parlament ein Gesetz, daß die Verwendung der Bezeichnung „polnische Todeslager“ für deutsche Vernichtungslager der Nazis im besetzten Polen während des zweiten Weltkrieges unter Strafe stellt.