Vaterlandsliebe

Schon während des 1. Weltkrieges hatte der Cousin von meinem Urgroßvater, Otto Wilhelm Kornelius Pongs aus Viersen eine Kriegsanleihe in Höhe von 15.000,- Mark zum „Gedächtnis der gefallenen Söhne“ der Stadt Viersen gestiftet. Die Geldsumme für ein Denkmal war jedoch nach Kriegsende durch die Inflation vollkommen wertlos geworden. 1925 stellte Otto Pongs für den gleichen Zweck erneut 10.000,- Mark zur Verfügung. Die feierliche Enthüllung des Denkmals fand am 8. August 1926 statt. Auf der Vorderseite des Sockels stehen lediglich zwei Worte:
F Ü R S  V A T E R L A N D
Auf der Rückseite befinden sich die Jahreszahlen
1914 – 1918
Das Denkmal befindet sich im Alten Stadtgarten von Viersen.

Meinem Großvater war die Liebe zum Vaterland immerhin noch 100 Mark wert – 1915 hat er eine wertlose Schuldverschreibung erworben und somit den 1.Weltkrieg mitfinanziert. 

Zwischen 1914 und 1918 hat sich mein Großvater für sein „Vaterland“ auch als Soldat engagiert.

1919 wurde meine Großvater vermißt. Er war in amerikanischer Gefangenschaft in Tours, beim Roten Kreuz in Genf gibt es noch seine Karteikarte.

Otto Pongs und die Windberger Mühle

Auf der Suche nach meinen Vorfahren fand ich zufällig im Internet eine Seite über Kriegsgefangene aus dem 1. Weltkrieg, darunter waren mein Großvater und sein Bruder Otto. Otto Wienand Pongs (1886 bis 1978) war ein Künstler, ein Lebenskünstler. Otto war Maler und Anstreicher. Seine Bilder hingen vor allem in Gaststätten, die es Heute längst nicht mehr gibt, wie dem Roten Gockel in Hatzenport (Mosel) oder dem Cafe Waldfrieden in Viersen. 

Das bekannteste Werk von Otto Pongs ist „Der Müller mit Mühle“. Im Jahre 1552 erhielt der Abt vom Gladbach vom Herzog von Jülich die Erlaubnis, auf dem „Tütenberg am Breidenbusch“ eine Windmühle zu errichten, die einzige Mühle im Gladbacher Land. Die Mühle brannte 1890 ab. Das zugehörige Mühlenhäuschen verschwand Mitte der 1990-er Jahre.

Eine Gedenktafel an der Venner Straße in Mönchengladbach erinnert an die Windberger Mühle. Das Mühlen-Bild auf dieser Gedenktafel ist von Otto Pongs.

Das künstlerische Schaffen des Otto Pongs gerät in Vergessenheit, unvergessen bleibt dagegen die Teilnahme des Landsturmmannes Otto Wienand Pongs vom Infanterie-Regiment „von Horn“ (3. Rheinisches) Nr. 29 der Preußischen Armee im 1. Weltkrieg.

Beim Internationalen Komitee des Roten Kreuzes in Genf gibt es Informationen über Otto Pongs, der 1917 bei Langemarck in Gefangenschaft geriet, unter der Registriernummer A 13877.

Cremanns in Polen

Cremanns ist ein sehr seltener Familienname in Polen. Bis jetzt konnte ich noch niemanden mit diesem Namen in Polen finden. In Tczew (Dirschau) kommt der Name einmal vor.

Peter Cremanns kam als Soldat im 1. Weltkrieg aus Köln nach Górzno. Er wurde verwundet und lernte im Lazarett von  Górzno Apolonia Kaminska kennen, die dort als Krankenschwester arbeitete.

Apolonia Kaminska und Peter Cremanns heiraten 1916 in Górzno. 

Am 11. Januar 1920 trat um 4 Uhr nachmittags der Versailler Vertrag in Kraft und Westpreußen wurde polnisch. 

Der Versailler Friedensvertrag gab das polnische Staatsbürgerrecht in den vom Deutschen Reich abgetretenen Gebieten (Westpreußen) nur denjenigen Deutschen, die dort geboren waren oder seit dem 1.1.1908 gewohnt hatten. Zwischen 1920 und 1926 verließen 600.000 bis 800.000 Deutsche die an Polen abgetretenen Gebiete von Posen und Westpreußen.

Damals ging auch Peter Cremanns wieder zurück ins Rheinland. Ich vermute das Peter Cremanns als Deutscher aus Polen ausgewiesen wurde !

Apolonia und Peter Cremanns hatten zwei Kinder. Viele Menschen mit dem Familiennamen Cremanns kann es daher in Polen auch nicht geben !!!

Nach seiner kurzen Zeit in Górzno hatte Peter Cremanns aber immer noch Kontakt zur Familie – denn er hat meine Urgroßeltern in Essen-Schonnebeck besucht. Einsicht in das komplizierte Familienleben der Cremanns hatten wohl erst die Nazi-Deutschen. Nach zwanzig Jahren der Trennung gab es, während des Krieges eine Familienzusammenführung. Ehefrau, Tochter, Schwiegersohn und Enkelkinder kamen nach Haiger in den Lahn-Dill-Kreis. Dort lebte auch Peter Cremanns.

Ich bin mir aber nicht sicher, ob diese Familienzusammenführung der Nazis so ganz freiwillig erfolgte. Meine Großmutter erzählte mir, das ihre Cousine Gertrud Ansel (Kaminska, Cremanns) ein „P“ auf der Kleidung tragen mußte und als Sklavenarbeiterin in der Rüstungsindustrie tätig war.

Peter Cremanns war zwar Deutscher, aber eins war Peter Cremanns sicher nicht, ein Nazi. Scheinbar waren der 1. Weltkrieg, anschließend die Zeit in Polen und die Trennung von der Familie so prägend für Peter Cremanns, das er in der Erforschung der Bibel seine Zuversicht gesucht hat.

Als Bibelforscher (Zeuge Jehovas) war Peter Cremanns in einem deutschen Konzentrationslager und das macht diese deutsch-polnische Familienzusammenführung während des Krieges so kompliziert.

1400 Mark in Górzno verloren – 1916

1917 gaben die Stadt- und Polizeiverwaltung in Górzno Notgeld in Form von Gutscheinen heraus. Richtiges Geld war zum Ende des Krieges knapp. Skurill ist daher die Nachricht in der Presse aus Thorn (Toruń) vom 11. Juni 1916 über den Verlust der hohen Summe von 1400 Mark. Allerdings ist fraglich, ob der Rat der Thorner Presse das Geld zur Sparkasse zu bringen, viel besser gewesen wäre.

Die Presse, Ausgabe Nr. 136 vom 11. Juni 1916, Seite 2, berichtet in der Rubrik „Provinzialnachrichten“ folgendes:
Strasburg, 8. Juni. Ihr ganzes Vermögen in den Rock eingenäht hatte eine Frau in Gorzno. Wenn sie sich allein wähnte, stellte sie durch auftrennen der Naht fest, daß ihr Schatz noch vorhanden war, und erfreute sich daran. Eines Tages war ihr Schatz im Betrage von 1400 Mark fort und die Frau vermag nicht anzugeben, ob sie ihr Geld verloren hat oder ob die wertvollen Scheine einen anderen Liebhaber gefunden haben. Durch Anzeige setzt sie nun 100 Mark Belohnung dem „ehrlichen Finder“ aus, der ihr das verschwundene Kapital wiederbringt. Ob es was nützen wird, ist eine andere Frage. Sie hätte jedenfalls besser getan, das Geld vorher auf die Sparkasse zu bringen.

Ein Gruss aus Górzno – 1915

Einen Gruß aus Górzno erhielt 1915 Lorenz Piotrowski in Thorn (Toruń)

Lieber Lorenz!
Sende Dir aus Gorzno
eine Postkarte. Kennst Du
die beiden kleinen Jungen?
Schreib mir mal wieder auf
Stolp.
Sonst nichts neues
Mit Gruß (unleserlich)

Die Frage ist, wer ist Lorenz Pietrowski ???

Der Geburtseintrag von Rosalium Piotrowski im Kirchenbuch von Górzno zeigt das die Familie Pietrowski schon um 1774 in Górzno lebte.

Mit Gott für Kaiser und Vaterland – 1917

Mit Gott für Kaiser und Vaterland – Der Ersatz-Reservist Theophil Kaminski aus Zdroje liegt seit 1917, fern der Heimat auf einem Friedhof in Nordfrankreich. 

Die Todesmeldung aus der Verlustliste vom 20.9.1918

Von der Familie vergessen, aber unvergessen vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. 

Auf den Grabtafeln des Anneau de la Mémoire – Mémorial international Notre Dame de Lorette – Nordfrankreich ist Theophil aus Zdroje auch erwähnt.

Geboren wurde Theophil Kaminski am 24. Mai 1888 in Zdroje. Mehr ist mir über das kurze Leben nicht bekannt.

Die Russen in Górzno – 1914

Oberförster Fritz Schuster (1859-1944) in seinem Buch Erinnerungen aus meinem Leben:

Wir atmeten förmlich auf, als schon am 23/31. August 1914 Hindenburg und Ludendorf die Tannenbergschlacht siegreich schlugen und nicht weniger als über 90.000 Gefangene machen konnten. Nun rollten die Züge in rascher Folge in umgekehrter Richtung mit Gefangenen westwärts. Wie sich herausstellte, war auch meine frühere Oberförsterei Ruda und Umgebung von der Tannenbergschlacht in Mitleidenschaft gezogen. Während der Schlacht soll in dem Oberförstereigehöft in Ruda eine Zeit lang ein höherer russischer Stab gelegen haben. Dem Gute Guttowo – 20 Min. von Ruda entfernt – ist dabei
sehr übel mitgespielt worden. Plündernde Soldateska haben sicherem Vernehmen nach das Gut nach allen Regeln der Kunst gebrandschatzt und das große Gutshaus mit den umfangreichen Wirtschaftsgebäuden dem Erdboden gleichgemacht. Mir liegt noch aus der Kriegszeit ein Zeitungsartikel eines Lokalberichterstatters aus dem Górznower Käseblättchen vor, der das fürchterliche Hausen der russischen Horden hinreichend illustriert. Es lautet wörtlich:

„Wie die Russen um Gorzno Krieg führten
Es stürmten plötzlich etwa 40 russische Reiter im vollsten Galopp in das Städtchen Górzno (½ Stunde vom Oberförstergehöft Ruda entfernt) bis auf den Marktplatz. Dort machten sie halt. Alle Telegraphenstangen wurden umgehauen, dann plünderten sie das Warenhaus Caspar, die Waren schafften sie auf Górznoer Fuhrwerken über die Grenze. Post und Zollamt sind aufgelöst. Nachdem all dieses geschehen war, kam das Gros der Russen, ca. 4000 Mann russ. Kavallerie angesprengt, mit Feldküche und einigen Kanonen sowie sämtl. Bagage. Sie schlugen den Weg nach Radosk ein, bogen dann zu dem Weg nach der Oberförsterei Ruda ein, wo ebenfalls die Telegraphenstangen an der Chaussée abgehauen wurden und begaben sich nach Guttowo Gut. Dort loderten bald Feuersäulen auf. Unsere Radfahrerkompagnie begegnete dem Feind, wobei der Leutnant sein Leben verlor. Auf dem Rückwege stürmten etwa 40 Russen zu Pferde nach der Grenze über Górzno zurück. Das Gros der Russen ist auf Umwegen weitergezogen und soll sich in dem Forst um Guttowo und Górzno aufhalten.“