Otto Pongs und Graf „Wölfi“ Berghe von Trips

Soldatenfriedhof Ittenbach, 21. Oktober 2023

Der „Heldentod“ meines Onkels Otto hat die deutsche Bürokratie mehrere Jahre beschäftigt. Laut Karteikarte wurde meinen Großeltern der Tod am 28.7.1950 bestätigt, vorher gab es einen intensiven Schriftverkehr zwischen der Wehrmachtauskunftstelle, dem Einwohnermeldeamt in Kiel, dem Bürgermeister von Aegidienberg, dem Pfarrer in Windhagen und meinem Großvater. Das mein Onkel im März 1945 gefallen und am Waldrand von Rederscheid begraben wurde, wußten meine Großeltern schon kurz nach Kriegsende. Tot ist tot – für die deutsche Bürokratie offensichtlich nicht.

Wolfgang Alexander Albert Eduard Maximilian Reichsgraf Berghe von Trips (1928 – 1961 Unfalltod in Monza beim Großen Preis von Italien) und letzter Nachkomme des niederrheinischen Adelsgeschlechts verbrachte die Kriegsjahre im abgeschiedenen Westerwalddorf Rederscheid in einem „Ferienhaus“ bei der Familie Manz.

Burg Hemmersbach bei Horrem, war 1751 bis zum Unfalltod der Stammsitz der Familie Berghe von Trips. Graf Berghe von Trips, Senior, war in den 1940er Jahren der Pächter des Jagdgebietes der Gemeinde Rederscheid.

Am 7. März 1945 eroberte die 9. US-Panzerdivision überraschend die Eisenbahnbrücke bei Remagen über den Rhein. Die Deutschen versuchten alles, um die strategisch wichtige Brücke zu sprengen. 10 Tage später stürzte die Brücke ein, zu diesem Zeitpunkt hatte sich die US-Army schon auf der rechten Rheinseite festgesetzt. Der Rheinübergang am 7. März 1945, hatte erhebliche psychologische Wirkung. Die US-Armee ging nun voller Optimismus in die letzten Kämpfe. Und die deutschen Soldaten wussten nun ebenso wie die Zivilbevölkerung, dass der Krieg verloren war. Nach der Eroberung der Rheinbrücke war das nächste strategische Ziel die Autobahn bei Aegidienberg um die deutschen Truppen von der Versorgung abzuschneiden. Die 9. US-Panzerdivision besetzte nach schweren Kämpfen Aegidienberg am 16. März 1945. Das hartumkämpfte Dorf Rederscheid fiel am 17. März 1945 in amerikanische Hände. Otto Pongs fiel laut Angabe der Karteikarte zwischen den 12. und 18. März bei den Kämpfen in der Gemeinde Aegidienberg, Grablage Waldrand Rederscheid.

Am Waldrand wurde Otto Pongs und weitere gefallene Soldaten u.a. von „Wölfi“ Berghe von Trips nach den Kampfhandlungen begraben. Der Graf schrieb meinen Großeltern einen Brief und informierte Sie über den Tod.

Einige Monate später waren mein Vater und sein Onkel Hugo dann in Rederscheid am Grab. Den letzten Brief hatte mein Onkel am 2. Februar 1945 aus Fanö in Dänemark geschrieben. Daher war der „Einsatz“ im Siebengebirge kurz vor Kriegsende schon eine Überraschung für die Angehörigen.

Die Reichsgräfin hatte in ihrem Schweizer Internat eine Schulfreundin aus dem Hause Pongs, daher war Ihr der Familienname und Gladbach bestens vertraut. Auf die Frage, ob mein Onkel ihre Schulfreundin kennen würde, antwortete er mit ja, das ist meine Tante. Vielleicht ging es in dieser schweren Kriegszeit einfach nur darum, sich einmal satt zu essen. Als mein Vater mit seinem Onkel 1945 bei der Familie Berghe von Trips in Rederscheid waren, hat Onkel Hugo die wahrsten Märchen über „seine“ Schwester erzählt. Mein Vater fand das ganz nur peinlich. Vielleicht wollte Onkel Hugo nur die Gunst der Stunde nutzen um sich auch einmal satt zu essen.