Spaziergang durch Schonnebeck

Der Name Schonnebeck leitet sich von schöner Bach ab. Schonnebeck wurde 1242 erstmals erwähnt. Seit 1929 ist Schonnebeck ein Stadtteil von Essen. Durch die Industrialisierung des Ruhrgebietes wuchs die Bevölkerung in Schonnebeck sehr rasant an.

Jahr Einwohner Anstieg %
1861  327 0
1871 1.196  265,7 %
1880 1.915   60,1 %
1890  3.097  61,7 % 
1900 6.544 111,3 %

Um 1914 lebte die Familie Jendrian auf der Friedrichstraße 16 (heute Gareisstraße) und mein Urgroßvater arbeitete in der Kokerei der Zeche Zollverein (Schacht III, heute das Phänomania Erfahrungsfeld).

Ich bezweifle, das die Berufsangabe „Bergmann“ im Adressbuch von 1914 richtig ist. Ich weiß das mein Urgroßvater nie unter Tage als Bergmann gearbeitet hat. Laut Bergpolizeiverordnung des Oberbergamtes von 1899 mußten die Bergleute der deutschen Sprache mächtig sein, mein Urgroßvater sprach nur polnisch und konnte sich in deutsch nicht verständigen !

In der Nähe der Friedrichstraße eröffnete die Familie Albrecht 1913 auf der Mittelstraße (heute Huestraße 89) ihren ersten Aldi-Laden, damals noch ein einfaches Lebensmittelgeschäft.

1914 wurde die Jugendhalle, eine Turn- und Festhalle, eröffnet. Die Jugendhalle steht heute unter Denkmalschutz und wurde für die Kölner Ausstellung des Werkundes 1914 errichtet. Nach der Ausstellung in Köln wurde der Holzbau abgebaut und in Schonnebeck wieder aufgebaut. Während des 2. Weltkrieges wurde die Halle als Lager für französische und italienische Kriegsgefangene genutzt. Die Halle ist eine der wenigen erhaltenen Bauwerke der Kölner Werkbundausstellung.

1907 wurde die St.-Elisabeth-Kirche in Schonnebeck eröffnet. 

Von der Friedrichstraße zog die Familie Jendrian dann zur Schulstraße 58, die später in Erzbergerstraße unbenannt wurde (heute Matthias-Erzberger-Straße) und lebte dort bis ca. 1937. Das Haus in dem die Familie lebte, in der Nähe des ehemaligen Friedhofs, wurde schon vor Jahrzehnten abgerissen. Im Haus wohnte auch die Witwe Didneite mit ihren Kindern,

Die Invasion der Waschbären

„Sie trafen einzeln ein, in kleinen Gruppen oder in großen Sammeltransporten. Seltsam fremd und verloren waren sie anzusehen. Männer in derben, unmodernen Anzügen, seltener auch Frauen, mit grobgeschneiderten Röcken und bunten Kopftüchern. Ein Sack, manchmal nur ein Kissenbezug, enthielt ihre gesamte Habe – ein bißchen Wäsche, etwas Bettzeug. Auf den Bahnhöfen aber stand die einheimische Jugend und machte spöttische Bemerkungen. „Die Waschbären kommen!“

Dort, wo sie bisher gelebt hatten, diese „Waschbären“, West- und Ostpreußen, in Posen und Oberschlesien, waren ein paar Monate zuvor die Werber auf den Dörfern erschienen. Sie versprachen eine bessere Zukunft im Westen, in den Hüttenwerken und den vielen neuen Zechen an der Ruhr. Zigaretten, Bier und Schnaps wurden von den Fremden freigiebig unter den neugierigen Zuhörern verteilt. Wer den Arbeitsvertrag unterschrieb, erhielt auf der Stelle eine ganze Mark „Angeld“ und am Abend fand im Dorfkrug ein großes Tanzvergnügen statt, zu dem der ferne Unternehmer alle herzlich einlud.

So und ähnlich beschreiben zeitgenössische Berichte den Beginn einer Invasion, einer Völkerwanderung, die das Gesicht der bisher fast menschenleeren Landschaft an der Emscher bis zur Unkenntlich umgestalten sollte.“ so Enno Stephan in seinem Buch „Das Revier der Pioniere“, Kapitel 21 „Die Invasion der Waschbären“ auf Seite 235. 

Die Aussicht auf höhere Löhne, preisgünstige Zechenwohnungen und soziale Aufstiegsmöglichkeiten lockte Tausende von Kleinbauern und Landarbeiter in den Westen. 

Diese „Waschbären“ waren keine Ausländer. Die „Waschbären“ kamen vor allem aus den preußischen Ostprovinzen in das Ruhrgebiet. Die Einwohner West- und Ostpreußen besaßen die preußische Staatsangehörigkeit und waren somit Deutsche. Nur sprachen diese „Waschbären“ meistens polnisch und waren „Polacken“. 

Spottpostkarte auf den Kinderreichtum der „Waschbären“ im Ruhrgebiet

Na Stanislaus, bist´ nicht bang,
dass dir der Wagen genullt wird ?
Ne Kamerad, dä Wagen wird nich
genullt, der is ja immer voll.

Im Bergbau wurde der Förderwagen „genullt“ – also mit Lohnabzug belegt – wenn dieser nach Ansicht des Steigers nicht voll war oder zu viel taubes Gestein enthielt.

2002 habe ich für einige Jahre in Leipzig gelebt. Es war ein Umzug von West- nach Ostdeutschland. Damals hat niemand von einer Invasion, Zuwanderung oder Einwanderung gesprochen.

Mein Urgroßvater wird sicher ins Ruhrgebiet ausgewandert sein, denn wer auswandert muß schließlich auch irgendwo einwandern. Unter „Jendreton“ und dem Jahr 1904 findet sich der Eintrag in der Deutschen Auswanderdatenbank in Bremerhaven. Auch seine Zeit in den USA läßt sich dokumentieren.
Meine Urgroßmutter ist mit den Schwestern (Paula, Wladislawa und Martha) meiner Oma dagegen nur umgezogen. Die sind nie ausgewandert, die haben immer nur in Deutschland gelebt, als deutsche Staatsbürger polnischer Abstammung.

Mit dem Zug sind sie 1910 von Radoszki (Radosk in Westpreußen) über Berlin nach Gelsenkirchen gefahren. Meine Urgroßvater ist dagegen mit dem Schiff von New York über Hamburg ins Ruhrgebiet angereist.

Die Schlacht von Górzno – 1629

Der Schwedisch-Polnische Krieg von 1600 bis 1629 war ein militärischer Konflikt zwischen Schweden und Polen-Litauen, bei dem es um Erbfolgeansprüche und die Vorherrschaft im Ostseeraum ging. Zum Ende des Schwedisch-Polnischen Krieges fand als vorletzte Schlacht, am 12. Februar 1629, die Schlacht von Górzno statt.

Etwa 6000 schwedische Soldaten wurden in Miłomłyn (nördlich von Ostróda) konzentriert und im Winter 1629 zog die schwedische Armee unter Führung von Herman Wrangel nach Süden, um Brodnica einzunehmen. Die polnischen Truppen in dieser Region wurden von Stanisław Rewery Potocki geführt. Am 12. Februar erreichten die Schweden den Fluß Brynica nördlich von Górzno, wo ihnen etwa 5.000 polnische Soldaten im Weg standen.

Die Aufgabe der Polen war es, den Angriff der Schweden zu stoppen und die Angreifer in die Sümpfe zu drängen. Den Schweden gelang es jedoch den Fluß Brynica zu überqueren und die Polen bei Zaborowo in die Flucht zu schlagen. Die Verluste der Polen waren hoch, es wurden 600 Gefangene gemacht und es gab etwa 700 Tote. Die schwedischen Eindringlinge verloren nur einige Dutzend Soldaten. Von Górzno zogen die schwedischen Soldaten dann weiter um sich an der Belagerung von Toruń (Thorn) zu beteiligen.

 

Nicolai Wisnewski und seine Kinder

Über Nicolai Wisnewski weiß ich sehr wenig, er ist aber mein Ur-Ur-Ur-Ur-Ur-Großvater !!!

Nicolai Wisniewski war mit Magdalena Barawionka verheiratet und lebte in Zaborowo. Als Magdalena 1826 starb, war Sie ca. 66 Jahre alt. Zwei Kinder, Stanislaus und Joseph sind mir bekannt. Bei der Geburt von Stanislaus war Magdalena 43 Jahre alt. Vermutlich wird es noch mehr Kinder geben !

Ehefrau Kinder  
Magdalena Barawionka
geb. ca. 1760
1. Stanislaum
geb. 1803
2. Josephum
geb. 1808

Der Sterbeeintrag von Magdalena Barawionka vom 28.1.1826 im Kirchenbuch von Górzno.

Der Taufeintrag von Stanislaum am 3.5.1803 im Kirchenbuch von Górzno. Die Paten waren Luca Pietrowski und Agnete Kwasna.

Bei der Geburt von Josephum am 30.3.1808 war die Mutter schon 48 Jahre alt. Die Paten sind Joseph Kwasny und Marianna Pietrowska.

Am 21. August 1881 zeigte Johann Kaminski an, daß sein Schwiegervater Andreas Wisnewski im Alter von 53 Jahren verstorben sei.

Andreas Wisnewski, geboren 1828, war der Sohn von Stanislaus Wisnewski. Dies ist dem Eintrag im Sterberegister des Standesamtes und dem Eintrag im Taufregister des Kirchbuches vom Gorzno zu entnehmen. 

Antonius Karpinski und seine Kinder

Antonius Karpinski wurde ca. 1757 geboren. Am 1. Oktober 1789 heiratete Antonius Karpinski in Jeleń Marianna Szymanska. Im Kirchenbuch von Lidzbark ist die Heirat verzeichnet. Die beiden hatten acht Kinder und lebten in Jeleń.

Ehefrau Kinder  
Marianna Szymanska
geb. ca. 1766
1. Michael
geb. 1790
2. Marianna
geb. 1793
  3. Catharina
geb. 1796
4. Anna
geb. 1801 
  5. Francisca
geb. 1803 
6. Constantin
geb. 1805 
  7. Margaritha
geb. 1806 
8. Rosalia
geb. 1807 

Anna Karpinski wurde am 23. April 1801 geboren und heirate am 28.1 1822 Nikodemus Michalski.

Joseph Szefler und seine Kinder

Josephum Szefler wurde am 15. März 1745 in Polskie Brzozie geboren, seine Eltern waren Martin Szefler und Catharine. Joseph Szefler war verheiratet mit Petronella und hatte 8 Kinder

Eltern Ehefrau Kinder   
Martin Szefler,
geb. 1708 
Petronella  1. Catherinam 
geb. 1769 
2. Mariannam 
geb. 1772  
Catharine   3. Paulum 
geb. 1777 
4. Barbaram 
geb. 1778 
    5. Wilhelmus
geb. 1782 
6. Adalbertum
geb. 1783  
    7. Mathiam
geb. 1785 
8. Franciscam
geb. 1791  

Barbara Szefler wurde am 26. November 1778 in Polskie Brzozie geboren und war verheiratet mit Laurenti Kaminski

Deutsche Todeslager

Der polnische Präsident Andrzej Duda sagte in einer Fernsehansprache am 6.2.2018, das er daß, vor allem im Ausland, stark kritisierte „Holocaust-Gesetz“ unterschreiben werde. Das Gesetz verbietet es unter anderem, die deutschen Nazi-Todeslager im besetzten Polen als „polnische Lager“ zu bezeichnen.

„Wir sind verantwortlich als Deutsche für die Dinge, die während des Holocaust, der Shoah, im Nationalsozialismus passiert sind“, so Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrem Video-Podcast am 11.2.2018

„Es gibt nicht den geringsten Zweifel daran, wer für die Vernichtungslager verantwortlich ist, sie betrieben und dort Millionen europäischer Juden ermordet hat: nämlich Deutsche“, sagte Außenminister Sigmar Gabriel nach Angaben des Auswärtigen Amtes am 3.2.2018 in Berlin. „Von unserem Land wurde dieser organisierte Massenmord begangen und von niemand anderem. Einzelne Kollaborateure ändern daran nichts“.

Gabriel zeigte sich überzeugt davon, „dass nur die sorgfältige Aufarbeitung der eigenen Geschichte Aussöhnung bringen“ könne. Dazu gehöre, dass „Menschen, die das unerträgliche Leid der Shoa erfahren mussten, über dieses Leid uneingeschränkt sprechen können“.

http://www.germandeathcamps.org

http://www.germandeathcamps.info

Der staatliche deutsche Fernsehsender ZDF bezeichnete 2013 das Vernichtungslager Ausschwitz als „polnische Todeslager“.

Karol Tendera, ein ehemaliger Häftling im Vernichtungslager Auschwitz verklagt daraufhin das ZDF. Ein Gericht in Krakau erließ 2016 ein Urteil, das den deutschen Fernsehsender ZDF dazu verpflichtete, sich bei Karol Tendera, dem ehemaligen Häftling im Vernichtungslager Auschwitz, für die Verwendung der Formulierung „polnische Todeslager“ zu entschuldigen. Die Entschuldigung war auf der Internetseite des ZDF 30 Tage lang zu sehen.

Der Fernsehsender veröffentlichte jedoch nur einen Link zum Material mit der Überschrift „Entschuldigung bei Karola Tendera“. Das Material wurde als Grafik veröffentlicht, so dass es mit einer Internet-Suchmaschine nicht gefunden werden konnte. Angesichts solcher Maßnahmen beantragte der Rechtsanwalt von Karol Tendera, beim Landgericht Mainz die Erlassung einer Vollstreckungsklausel für das Urteil des Krakauer Gerichtes. Das Landgericht Mainz hat diesem Antrag stattgegeben. Der Antrag wurde vom ZDF angefochten und die Juristen des Fernsehsenders argumentieren, das Urteil des polnischen Gerichts sei abzulehnen, da es der deutschen öffentlichen Ordnung widerspreche.

Das Oberlandesgericht in Koblenz hat Ende Dezember 2018 entschieden, daß das ZDF sich für die Bezeichnung der Vernichtungslager aus dem Zweiten Weltkrieg als „polnische Lager“ bei dem mittlerweile Karol Tendera entschuldigen muß. Er sei sich bewusst, dass der Kampf auch nach dem Urteil in Koblenz, noch nicht beendet sei, sagte der Rechtsanwalt von Karol Tendera, Lech Obara.

Auch der ehemalige US-Präsident Obama benutzte im Jahr 2015 den Begriff „polnische Todeslager“ und dies ausgerechnet bei der Würdigung Jan Karskis, dem Kurier der polnischen Untergrundbewegung im Zweiten Weltkrieg.

Polen kämpf seit Jahren dagegen das die deutschen Konzentrationslager historisch falsch als „polnische“ Lager bezeichnet werden. Ende Januar 2018 verabschiedete das polnische Parlament ein Gesetz, daß die Verwendung der Bezeichnung „polnische Todeslager“ für deutsche Vernichtungslager der Nazis im besetzten Polen während des zweiten Weltkrieges unter Strafe stellt.

Der Familienname Jendrian

Der Familienname Jendrian ist ein sehr seltener Name, polnischen Ursprungs. Der Familienname existiert in Polen jedoch nicht mehr. Ausgehend von Koszelewki (ehemals Klein Koschlau, Kreis Neidenburg in Ostpreußen) verbreitete sich der Familienname über Jeleń (ehemals Jellen, Kreis Strasburg in Westpreußen) in das Ruhrgebiet (Essen, Gelsenkirchen) und nach Nordfrankreich (Waziers). 

Die beiden Dörfer Koszelewki (Klein Koschlau) und Jeleń (Jellen) liegen etwa 9 Kilometer auseinander und der Fluß Wel (Welle) war die natürliche Grenze zwischen den historischen Provinzen Ost- und Westpreußen.

Der älteste Eintrag der Familie Jendrian ist im katholischen Kirchenbuch von Lidzbark (Lautenburg, Westpreußen) zu finden. Am 6. April 1828 verstarb im Alter von 42 Jahren Dorothea Jendryan aus Koszelewki. Da Koszelewki damals zum Kreis Neidenburg in der Provinz Ostpreußen gehörte, ist laut diverser Quellen eigentlich die katholische Kirchengemeinde in Wielki Łęck (Groß Lensk, Ostpreußen) für das Dorf zuständig.  Vermutlich war der Weg von Koszelewki über Wąpiersk und Jeleń zur Kirche nach Lidzbark für die Dorfbewohner jedoch einfacher. 1820 lebten in Koszelewki 94 Menschen (www.kartenmeister.com). 

Der Familienname Jendrian ist im „Lexikon der Familiennamen polnischer Herkunft im Ruhrgebiet “ aufgeführt und hat sich laut dieser Quelle aus dem Vornamen Adrian entwickelt.

Professor Udolph vom Zentrum für Namensforschung in Leipzig bestätigt den polnischen Ursprung des Familiennamens Jendrian. In einer Ausarbeitung über den Namen schreibt er u.a.: „Aus dem Abgleich der heutigen wie historischen Verbreitungsdaten ergibt sich, dass der Familienname Jendrian im polnischen Sprachraum in den früheren Provinzen West- und Ostpreußen entstanden sein muss. Heute finden wir den Namen in Polen nicht mehr, es tauchen aber Namensvarianten wie Jędrejan oder Jędrzejan auf, die als Ausgangsform des Namens Jendrian zu betrachten sind. Der darin enthaltene Nasalvokal <ę> wird vor dem Konsonanten /d/ als /en/ gesprochen. Entsprechend konnte der Name im deutsch slawischen Kontaktgebiet als Jendrian verschriftlich werden.“

„Grundlage des Namens Jendrian ist eine Koseform des Rufnamens Jędrzej, an den die Koseendung –en trat.“ und „Der Rufname Jędrzej ist eine polnische Variante des christlichen Taufnamens Andreas.“

Nach dem Ende des 1. Weltkrieges zogen einige Mitglieder der Familie Jendrian aus Jeleń nach Waziers in Nordfrankreich.