Kirche St. Laurentius und St. Nikolaus in Radoszki

Eine sehr schöne Kirche ist die St. Laurentius und St. Nikolaus, kościół św. Wawrzyńca i Mikołaja, in Radoszki.

Im Jahr 1404 wird die Kirche in Radoszki zum ersten Mal erwähnt, als aus der Klosterbank in Malbork (Marienburg) eine Geldsumme an die Kirche überwiesen wurde. Die heutige Holzkirche wurde 1717 erbaut und 1720 vom Bischof Seweryna Szczuka geweiht. Die Kirche ist in einem sehr guten technischen Zustand erhalten.

Der Glockenturm steht separat. 

Auf dem Friedhof erinnert ein Gedenkstein an das Massaker der Deutschen an Roman, Paulina, Feliks und Kazimierz Domzalski sowie Anastazy Rybinski  im Jahr 1944. 

Die Invasion der Waschbären

„Sie trafen einzeln ein, in kleinen Gruppen oder in großen Sammeltransporten. Seltsam fremd und verloren waren sie anzusehen. Männer in derben, unmodernen Anzügen, seltener auch Frauen, mit grobgeschneiderten Röcken und bunten Kopftüchern. Ein Sack, manchmal nur ein Kissenbezug, enthielt ihre gesamte Habe – ein bißchen Wäsche, etwas Bettzeug. Auf den Bahnhöfen aber stand die einheimische Jugend und machte spöttische Bemerkungen. „Die Waschbären kommen!“

Dort, wo sie bisher gelebt hatten, diese „Waschbären“, West- und Ostpreußen, in Posen und Oberschlesien, waren ein paar Monate zuvor die Werber auf den Dörfern erschienen. Sie versprachen eine bessere Zukunft im Westen, in den Hüttenwerken und den vielen neuen Zechen an der Ruhr. Zigaretten, Bier und Schnaps wurden von den Fremden freigiebig unter den neugierigen Zuhörern verteilt. Wer den Arbeitsvertrag unterschrieb, erhielt auf der Stelle eine ganze Mark „Angeld“ und am Abend fand im Dorfkrug ein großes Tanzvergnügen statt, zu dem der ferne Unternehmer alle herzlich einlud.

So und ähnlich beschreiben zeitgenössische Berichte den Beginn einer Invasion, einer Völkerwanderung, die das Gesicht der bisher fast menschenleeren Landschaft an der Emscher bis zur Unkenntlich umgestalten sollte.“ so Enno Stephan in seinem Buch „Das Revier der Pioniere“, Kapitel 21 „Die Invasion der Waschbären“ auf Seite 235. 

Die Aussicht auf höhere Löhne, preisgünstige Zechenwohnungen und soziale Aufstiegsmöglichkeiten lockte Tausende von Kleinbauern und Landarbeiter in den Westen. 

Diese „Waschbären“ waren keine Ausländer. Die „Waschbären“ kamen vor allem aus den preußischen Ostprovinzen in das Ruhrgebiet. Die Einwohner West- und Ostpreußen besaßen die preußische Staatsangehörigkeit und waren somit Deutsche. Nur sprachen diese „Waschbären“ meistens polnisch und waren „Polacken“. 

Spottpostkarte auf den Kinderreichtum der „Waschbären“ im Ruhrgebiet

Na Stanislaus, bist´ nicht bang,
dass dir der Wagen genullt wird ?
Ne Kamerad, dä Wagen wird nich
genullt, der is ja immer voll.

Im Bergbau wurde der Förderwagen „genullt“ – also mit Lohnabzug belegt – wenn dieser nach Ansicht des Steigers nicht voll war oder zu viel taubes Gestein enthielt.

2002 habe ich für einige Jahre in Leipzig gelebt. Es war ein Umzug von West- nach Ostdeutschland. Damals hat niemand von einer Invasion, Zuwanderung oder Einwanderung gesprochen.

Mein Urgroßvater wird sicher ins Ruhrgebiet ausgewandert sein, denn wer auswandert muß schließlich auch irgendwo einwandern. Unter „Jendreton“ und dem Jahr 1904 findet sich der Eintrag in der Deutschen Auswanderdatenbank in Bremerhaven. Auch seine Zeit in den USA läßt sich dokumentieren.
Meine Urgroßmutter ist mit den Schwestern (Paula, Wladislawa und Martha) meiner Oma dagegen nur umgezogen. Die sind nie ausgewandert, die haben immer nur in Deutschland gelebt, als deutsche Staatsbürger polnischer Abstammung.

Mit dem Zug sind sie 1910 von Radoszki (Radosk in Westpreußen) über Berlin nach Gelsenkirchen gefahren. Meine Urgroßvater ist dagegen mit dem Schiff von New York über Hamburg ins Ruhrgebiet angereist.

Die Russen in Górzno – 1914

Oberförster Fritz Schuster (1859-1944) in seinem Buch Erinnerungen aus meinem Leben:

Wir atmeten förmlich auf, als schon am 23/31. August 1914 Hindenburg und Ludendorf die Tannenbergschlacht siegreich schlugen und nicht weniger als über 90.000 Gefangene machen konnten. Nun rollten die Züge in rascher Folge in umgekehrter Richtung mit Gefangenen westwärts. Wie sich herausstellte, war auch meine frühere Oberförsterei Ruda und Umgebung von der Tannenbergschlacht in Mitleidenschaft gezogen. Während der Schlacht soll in dem Oberförstereigehöft in Ruda eine Zeit lang ein höherer russischer Stab gelegen haben. Dem Gute Guttowo – 20 Min. von Ruda entfernt – ist dabei
sehr übel mitgespielt worden. Plündernde Soldateska haben sicherem Vernehmen nach das Gut nach allen Regeln der Kunst gebrandschatzt und das große Gutshaus mit den umfangreichen Wirtschaftsgebäuden dem Erdboden gleichgemacht. Mir liegt noch aus der Kriegszeit ein Zeitungsartikel eines Lokalberichterstatters aus dem Górznower Käseblättchen vor, der das fürchterliche Hausen der russischen Horden hinreichend illustriert. Es lautet wörtlich:

„Wie die Russen um Gorzno Krieg führten
Es stürmten plötzlich etwa 40 russische Reiter im vollsten Galopp in das Städtchen Górzno (½ Stunde vom Oberförstergehöft Ruda entfernt) bis auf den Marktplatz. Dort machten sie halt. Alle Telegraphenstangen wurden umgehauen, dann plünderten sie das Warenhaus Caspar, die Waren schafften sie auf Górznoer Fuhrwerken über die Grenze. Post und Zollamt sind aufgelöst. Nachdem all dieses geschehen war, kam das Gros der Russen, ca. 4000 Mann russ. Kavallerie angesprengt, mit Feldküche und einigen Kanonen sowie sämtl. Bagage. Sie schlugen den Weg nach Radosk ein, bogen dann zu dem Weg nach der Oberförsterei Ruda ein, wo ebenfalls die Telegraphenstangen an der Chaussée abgehauen wurden und begaben sich nach Guttowo Gut. Dort loderten bald Feuersäulen auf. Unsere Radfahrerkompagnie begegnete dem Feind, wobei der Leutnant sein Leben verlor. Auf dem Rückwege stürmten etwa 40 Russen zu Pferde nach der Grenze über Górzno zurück. Das Gros der Russen ist auf Umwegen weitergezogen und soll sich in dem Forst um Guttowo und Górzno aufhalten.“